Die Erben der Tante Jolesch

In seinem Erinnerungsbuch »Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten« hat Friedrich Torberg die letzte Blütezeit der altösterreichischen Kulturlandschaft, die unwiederbringlich entschwundene Kaffeehauswelt mit ihren Käuzen und Originalen und Literaturgrößen noch einmal zu glanzvollem Leben erweckt. »Die Erben der Tante Jolesch«, die diesem Buch jetzt nachfolgen, sind nicht als physische Erben der inzwischen vielzitierten Titelfigur gemeint, sondern als Verwalter ihrer atmosphärischen Erbschaft. Zum Teil hätten die hier verbuchten Geschichten ebensogut schon in der »Tante Jolesch« stehen können; der Autor, dessen einziger Arbeitshelfer sein Gedächtnis war, hat sich zu spät auf sie besonnen. Zum andern Teil umfaßt dieser zweite Band - etwa mit den Kapiteln »Die Tiefseelenforscher«, »Theater und Umgebung«, »Lieben Sie Sport?« - eine Reihe zuvor übergangener und höchst ergiebiger Gebiete. Und wo Torberg von der unmittelbaren Vor-Hitler-Zeit, von der Emigration (bis hinüber nach Hollywood und New York) und von der Rückkehr nach Europa berichtet, ersteht aus anekdotisch gefaßten Erlebnissen und Erfahrungen ein lebendiges Stück Zeitgeschichte. »Die Erben der Tante Jolesch« sind ein eigenständiges Werk geworden, das es an Witz und souveräner Weisheit getrost mit seinem Vorgänger aufnehmen kann.